In meinem letzten Blogeintrag habe ich über den Sinn und Unsinn eines schnellen Scheidungsverfahrens geschrieben. Aber wie verläuft denn generell das Scheidungsverfahren? Hier geht es zunächst um das reine Scheidungsverfahren ohne Folgesachen wie Unterhalt, Vermögensauseinandersetzung etc.. Im Idealfall haben sich die Leute also schon gütlich geeinigt.
Antrag einreichen nach Ablauf des Trennungsjahres:
Lange vor der Scheidung steht die Trennung. Meist zieht einer aus. Ist das Trennungsjahr annähernd (wird ganz gerne ab ca. 10 Monaten angedacht) abgelaufen, kann ein Ehegatte (=Antragsteller) mit anwaltlicher Hilfe den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht stellen. Wenn er dann die Gerichtskosten an das Gericht gezahlt hat, wird der Antrag dem Ehepartner vom Gericht zugestellt.
Der Ehepartner (=Antragsgegner) hat nun die Wahl, ob er sich auch einen Anwalt nimmt oder ob er alleine der Scheidung zustimmt.
- Vorteil hierbei: Es wird billiger, da nur der Antragsteller seinen Anwalt bezahlen muss (jeder zahlt die Musik, die er bestellt), und bleibt nur auf den hälftigen Gerichtskosten sitzen.
- Nachteil: Ohne Anwalt kann der Antragsgegner keinen eigenen Antrag stellen. Er kann der Scheidung nur zustimmen. Dies bedeutet, dass er vielleicht dumm da steht, wenn der Antragsteller seinen Scheidungsantrag zurücknimmt, weil ihm eingefallen ist, dass es doch von Vorteil ist, die Trennungszeit künstlich zu verlängern (z.B. längerer Ehegattenunterhalt während der Trennungszeit). Es empfiehlt sich also ausschließlich dann, ohne Anwalt in den Scheidungstermin zu gehen, wenn ansonsten wirklich alles andere geregelt ist.
Formulare zur Durchführung des Versorgungsausgleichs:
Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich aller Rentenanwartschaften der Eheleute, die in der Ehezeit gesammelt wurden. Er wird automatisch im Scheidungsverfahren mitgeregelt (sog. Zwangsverbund, alle anderen Folgesachen wie Unterhalt oder Zugewinnausgleich werden nur auf Antrag mit geregelt).
Ehezeit für den Versorgungsausgleich = Beginn des Monats der standesamtlichen Heirat bis Ende des Monats der Zustellung des Scheidungsantrags beim Ehepartner (bitte auf den Umschlag sehen!). Für den Versorgungsausgleich ist es also egal, wie lange das restliche Scheidungsverfahren noch dauert.
Wie ermittelt man die Rentenanwartschaften? Der Richter schickt beiden Beteiligten Formulare, in denen sie ihre gesetzlichen Rentenversicherungen benennen (z.B. DRV; Knappschaft Bahn See; berufsständische Versorgungswerke; Beamtenversorgung) sowie Betriebsrenten oder private Rentenversicherungen. Das Gericht holt von allen Rententrägern die Auskünfte für die Ehezeit ein. Hier ist der Grund zu sehen, warum Scheidungsverfahren oft ein Jahr dauern, obwohl kein Unterhalt etc. mitgeregelt wird. Die Rententräger brauchen zum Teil sehr lange, um die Auskünfte zu erteilen. Manchmal muss die DRV erst mal Versicherungslücken schließen, indem das Versicherungskonto geklärt wird. Es liegt also nicht am Gericht oder den Anwälten, dass eine Scheidung lange dauert. Sind die Auskünfte da, werden die Anwartschaften -vereinfacht gesagt- geteilt, indem von jedem Anrecht der andere die Hälfte bekommt. Das heißt aber auch, dass alles, was vor oder nach der Ehezeit an Anwartschaften gesammelt wird, bei einem selbst verbleibt.
Der Scheidungstermin:
Erst wenn alle Auskünfte der Rententräger erteilt sind, setzt der Richter den Scheidungstermin an. Geht es ausschließlich um die Scheidung mit dem Versorgungsausgleich, ist der Termin oft recht kurz: Die Beteiligten sind mit ihren Anwälten und dem Richter im Gerichtssaal. Der Richter fragt die Eheleute, wie lange sie schon getrennt sind, ob sie geschieden werden möchten und ob die Folgesachen -insbesondere der Umgang- mit den Kindern einigermaßen geregelt sind. Sodann werden die Auskünfte für den Versorgungsausgleich besprochen. Noch im Termin wird die Scheidung geschieden per Beschluss. Dieser Beschluss geht den Beteiligten etwas später schriftlich zu und nach einem Monat ist die Scheidung rechtskräftig (=nicht mehr anfechtbar).